Mittwoch, 24. Juni 2009

ach ist...

...das schön. Nicht unser Alltag hier, der ist nach wie vor bescheiden. Aber irgendwie muss man sich ja von all dem Elend ablenken, und da habe ich Twitter für mich entdeckt. Und das ist einfach klasse. Echt jetzt. Soll ich mal kurz erklären, worum es da geht? Kennt sich ja nicht jeder aus mit der modernen Technik.

Twitter ist sowas wie ein Blog, nur in klein. Wo man im herkömmlichen Blog lange Einträge verfassen kann, mit Bildern garniert und gespickt mit Videos und Hastenichgesehen, beschränkt sich Twitter auf Kurzeinträge von 140 Zeichen. Diese Kurzeinträge kann man dann, sofern man dem entsprechenden Twitterer folgt, schon kurze Zeit später lesen. Entweder, indem man sich auf der Homepage von Twitter einloggt, oder indem man sich ein passendes Tool herunterläd.

Und ähnlich wie in Blogs, schwankt hier die Qualität der Einträge doch stark. Gerade die Beschränkung auf 140 Zeichen animiert die Twitterer, mal spontan eine kurze Nachricht rauszusemmeln, die sie sonst sicher nicht zu einem längeren Blogeintrag verarbeitet hätten. Dadurch, und durch die eher zeitnahem und von überall abfrufbaren Reaktionen der Mittwitterer, ist man eher animiert, auch mal eher belangloses zu verbreiten. Mir ist eben der Bus vor der Nase weggefahren, Mistikack! Sowas in der Art. Wobei es natürlich stark vom Leser abhängt, was er denn so als belanglos einstuft. Eine kurze Nachricht, was diese eine Tante aus Bad Spencer heute kocht, kann belanglos sein, es kann aber auch eine Anregung sein, das heute auch zu kochen. Klingt doof? Ist aber so. War auch schon immer so. Früher waren es Zeitungen, da standen dann wichtige Sachen drin. Über Haile Selassie, Ronald Reagan, den Unfall gestern auf der A5 und so. Da standen aber auch total unwichtige Dinge drin über die Ohren von Prinz Charles, die Bundesliga und das Handyverbot in der hinteren Mongolei. Komischerweise standen immer auch viele unwichtige Sachen in den Zeitungen, weil es eben auch Leute gab, für die das wichtig war. Die wollten sowas lesen, also hat es jemand geschrieben. Und genau so ist das noch heute. Prinzip klar? Prima.

Ich spiele bei diesem Twitterkram neuerdings auch mit, aber anders. Ich mißbrauche das als Talkshow. Wir erinnern uns, Talkshows sind die Sendungen, die auf maximale Sinnlosigkeit gebürstet sind. Selbst der doofste Vollpfosten soll ich dabei über die Deppen amüsieren können, die da ihre gequirlte Kacke vom Stapel lassen. Nun bin ich zwar angeblich nicht der dümmste aller Vollpfosten, aber ich habe das Prinzip für mich entdeckt und rotzfrech auf Twitter übertragen. Wenn man nämlich etwas sucht, dann findet man da allerlei Leute, die über den Tag verteilt einen herrlichen Schwachsinn von sich geben. Natürlich findet man da auch durchaus faszinierende Persönlichkeiten, die richtig was zu sagen haben, rein inhaltlich gesehen. Aber das ist fade, sowas kann ja jeder lesen.

Nein, ich habe mich auf die Honks spezialisiert, die machen mir derzeit richtig Spaß. Mit ein klein wenig Geschick merken die nichtmal, daß man ihre Tweets mitliest. Sonst müsste man sich bei denen ja noch als Follower eintragen, und das könnte die armen Menschen hinterher noch zu der Vermutung veranlassen, man würde sie ernst nehmen. Und verarschen möchte ich ja niemanden. Ich will nur drüber lachen. Ja, ich bin ein arroganter Arsch in der Beziehung, scheiss drauf. Es gibt hier auf meinem Blog sicher auch Besucher die nicht mitlesen, weil sie mir inhaltlich zustimmen oder meinen Schreibstil so toll finden. Sondern weil sie sich so prima amüsieren können über mich und meine beknackten Ansichten. Ätsch, die sind in der Beziehung auch arrogante Ärsche, nu hab ich das denen aber gegeben. Harr!

Aber zurück zum Thema, meinem Amüsement. Meine liebsten Selbstdarsteller lassen sich derzeit in drei Gruppen unterteilen. Die vierte Gruppe sind dann die Leute, deren Einträge mich ganz ernsthaft aus verschiedenen Gründen interessieren. Aber um die geht es ja nicht, sondern um die Honks. Ich persönlich würde den Fakeanteil der Honks auf ca. 20% schätzen, aber lustig sind sie trotzdem. Hier also meine Honkparade:

Der Esohonk
Ist komischerweise meist weiblich und besticht mit seinem Sendungsbewusstsein. Seine Ansichten sind höflich ausgedrückt verschroben, doch das hält ihn nicht davon ab, sie umso lauter in die Welt herauszuschreien. Ob es nun um den Schutz vor Chemtrails durch Hüte aus Alufolie geht, oder um die Tatsache, daß Schornsteinfeger in Wirklichkeit Geheimagenten der Freimaurer sind, und unsere Heizungen mittlerweile alle verwanzt und mit Gedankenkontrollstrahlern ausgestattet sind, alles wird mit tiefster Überzeugung verbreitet. Am liebsten noch mit "Belegen", sprich mit Kurzlinks zu passenden, nicht weniger bekloppten Webseiten. Wahre Profis ballern ihre Texte auch immer gleich doppelt raus, einmal in Deutsch, und einmal in Englisch. Besser gesagt in etwas, was mit viel gutem Willen Englisch sein könnte.

Der Wichtighonk
Ist meist männlich und der Nabel der Welt. Er hat einen nie näher genannten, aber wichtigen und unglaublich gut bezahlten Job, immer die neusten Spielzeuge und ist wahnwitzig aktiv. Neben seiner Arbeit, die ihn täglich mindestens 10 Stunden in Anspruch nimmt ( immerhin muss er auch noch die Arbeit seiner Kollegen und Chefs machen, die sind ja alle zu dumm ), treibt er täglich 2 Stunden Sport, engagiert sich in nicht weniger als 5 Vereinen ( meist als Vorstand ) und hat nebenher noch 3 oder 4 Blogs. In der übrigen Freizeit muss er, da ihn seine vielen vielen Freunde aufgrund seiner Wichtigkeit dazu nötigen, ständig Party feiern. Oder sich mit Kultur zudröhnen, der echte Könner unter den Wichtighonks ist nämlich auch kulturell überlegen. Der geht nicht ins Kino, der geht in die Oper. Musisch ist der Wichtighonk sowieso, da nur Kunst jemanden wie ihn halbwegs auslasten kann. Gerne lässt er auch seine Fangemeinde an seinem Können teilhaben und stellt beispielsweise Soundfiles aus eigener Produktion online. Wichtighonk interpretiert Vivaldi auf der Blockflöte. Das klingt dann zwar nach Amoklauf im Kinderhort, aber was versteh ich schon von Kunst.

Der Werbehonk
Ist geschlechtsneutral und hat eigentlich nichts zu sagen. Also eigentlich hat er schon was zu sagen, sogar sehr viel. Aber das sagt er nicht gerne gratis. Der Werbehonk hat nämlich ein Geschäftsmodell entwickelt, eine CD aufgenommen oder eine Decke gehäkelt. Und dieses Produkt von potentiell troglodytischer Qualität wird nun auf Teufel komm raus und geh wieder rein beworben. Klar, Werbung muss man auch mal machen, aber der Werbehonk schafft hier etwas, was Profiwerbern nicht gelingt: der Spagat zwischen an neue Medien angepasster Werbung und grottigem Spam. Er schreibt nicht jeden Tag sinnlose Nachrichten wie He Leute, kauft meine Häkeldecke! sondern verpackt diesen Satz immer wieder neu in scheinbar dem Alltag entstammenden Banalitäten. Ich trinke jetzt Kaffee, das entspannt. Besonders, seit ich diese tolle Häkeldecke auf dem Tisch liegen habe! [es folgt dann ein Link zu seiner Homepage] So bewirbt der Honk emsig sein Produkt und man ist täglich gespannt, in welchen Unsinn er denn jetzt wieder seine dezente Kaufaufforderung packen wird. Natürlich wecken seine Werbetweets keine gesteigerte Kauflust, aber mal unter uns, die Häkeldecken sehen eh scheisse aus.

Also wenn das kein Grund ist sich ab und zu mal durch ein paar Tweets zu wühlen, ja dann weiß ich auch nicht. Mir macht es jedenfalls Spaß, und darauf kommt es ja an.

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