Mittwoch, 30. April 2008

die gedanken sind...

...Öl. Zumindest angeblich ist geistiges Eigentum das Öl des 21. Jahrhunderts. Demnächst werden die Amis also keine Golfstaaten mehr bombardieren, sondern Künstlerkolonien. Man braucht als Industrienation ja kein Öl mehr. Jetzt braucht man die Rechte an sozialkritischen Protestsongs. Die schmieren jetzt Getriebe, treiben Schiffsdiesel und Flugzeugturbinen an, daraus kann man Kunststoffe und Medikamente herstellen.
Klingt irgendwie idiotisch? Finde ich auch. Aber trotzdem ist was dran an dem Vergleich. Man muss nur genau hinsehen. Ich vergleiche mal Öl mit geistigem Eigentum ( ich kürz das mit speziellen, hoch intelligenten Titeln ab, kurz shiT ) , aus dem mehr oder weniger passenden Bereich Musik; zum Beispiel den kulturellen Beiträgen von Künstlern wie Tokio Hotel, Scooter und DJ Ötzi. Jede teilweise Übereinstimmung gibt 1 Punkt, jede volle Übereinstimung gibt 2 Punkte. Keine Übereinstimmung gibt 0 Punkte.

-Öl ist aus abgestorbenen Meeresorganismen entstanden. Also toter Biomasse.
-shiT entstammt den Gehirnen der Künstler und Produzenten, klingt aber auch oft nach computergenerierten Tonfolgen. Also vermutlich lebende Biomasse und Verdacht auf totes Silizum.
-> teilweise Übereinstimmung ( 1 Punkt )
-Öl lagert tief unter der Erde.
-shiT ist unterirdisch schlecht.
-> Übereinstimmung ( 2 Punkte )
-Öl entsteht in langen Zeiträumen unter hohem Druck.
-shiT entsteht dem Anschein nach am Fließband, möglicherweise auch unter Druck ( Zeitdruck, Geldnot, Harndrang oder dergleichen ).
-> teilweise Übereinstimmung ( 1 Punkt )
-Öl ist nicht sonderlich leicht zu finden.
-shiT läuft im Radio rauf und runter.
-> keine Übereinstimmung ( 0 Punkte )
-Öl wird es irgendwann nicht mehr geben.
-shiT scheint unbegrenzt verfügbar zu sein.
-> keine Übereinstimmung ( 0 Punkte )
-Öl belastet die Umwelt.
-shiT auch.
-> Übereinstimmung ( 2 Punkte )
-Öl kann gewinnbringend zu vielerlei Produkten weiterverarbeitet werden.
-shiT kann direkt in Geld umgewandelt werden.
-> teilweise Übereinstimmung ( 1 Punkt )

Das sind insgesamt 7 von 14 Punkten, also ein eher mäßig guter Vergleich, der allerdings eindeutig nicht völlig am Toupet herbeigezogen ist. Das ist auch verständlich. Stellen wir uns mal vor, man bekäme keine Patte mehr für seine Ideen, Erfindungen, Entwicklungen. Hätte Einstein seine Relativitätstheorie entwickelt, wenn man die hinterher schwarz aus dem Internet hätte runterladen können? Würden Autoren noch Einträge bei Wikipedia schreiben, wenn sie dafür nicht fürstlich entlohnt werden würden? Wären Linux, Firefox und Open Office überhaupt entwickelt worden, wenn man das gratis irgendwo runterladen könnte? Äh...ok, schlechte Beispiele. Ich versuch es mal anders.
Würde jemand an Heilmitteln gegen Migräne forschen, wenn man daran nichts verdienen könnte? Wohl kaum, oder? Gut, man kann ein Heilmittel gegen Migräne jetzt schlecht mit dem Anton aus Tirol, Hyper Hyper oder den BallermannHits vergleichen. Das wäre ja so, als würde man Taschentuch und Schnupfen miteinander vergleichen.

Trotzdem bleibt die Tatsache, dass man, sofern man das möchte, für seine Ideen auch angemessen bezahlt werden sollte. Die Frage ist nur, was angemessen ist und welcher Schaden tatsächlich durch illegales Runterladen entsteht. Das ist nämlich fast unmöglich zu sagen. Man kann natürlich einfach mal behaupten, dass 70% des Datenverkehrs im Internet für ( illegale ) Musikdownloads draufgeht. Bringt nur nichts, weil einem das kaum wer ( der mehr Ahnung hat als Leute, die sich Hardware runterladen wollen ) einfach so mal abkaufen wird. Behauptungen sollte man schon irgendwo belegen. Man kann aber auch einfach sagen, dass im Jahr 2007 insgesamt 300 Millionen Musikstücke illegal runtergeladen wurden, dagegen wurden nur 30 Millionen ( Musikstücke? CDs? Was denn genau? ) legal gekauft.
Glaubt einem aber auch keiner. Klar, ich kann ziemlich genau rausfinden, wie oft eine bestimmte CD verkauft wurde. 100 Stück an den Laden geliefert, 10 sind noch da, 89 wurden an der Kasse gebucht, also wurden 89 gekauft, 1 geklaut und 10 lagern noch im Regal. Kein Problem.
Aber woher zum Geier weiß ich, dass 300 Millionen runtergeladen wurden? Stand da immer einer daneben und hat ne Strichliste geführt? In dem Fall hat man kein Problem, die Täter kennt man ja. Oder sind das nur Schätzungen? Dann würde ich gerne mal wissen, worauf diese Schätzungen beruhen ( ich tippe auf 5W100 ).
Weiteres Problem: welcher Schaden entsteht? Wenn 100 Leute ein Lied gratis runterladen, hätten diese 100 Leute das Lied auch für 20,-€ gekauft? Ja? Nein? Woher will man das wissen? Haben sich von diesen 100 Leuten möglicherweise 10 das Lied angehört, für gut befunden und dann ganz normal gekauft? Weitere 10 fanden es beschissen und haben es gleich wieder gelöscht? 80 Fanden es ganz nett, aber 20,-€ waren ihnen dafür zu teuer ( ich z.B. esse gerne mal ein Schokoeis, aber 1,-€ pro Kugel wäre mir die Sache keineswegs wert; ich würde auch keine 800,-€ für eine Jeans ausgeben )? Sind mir durch diese 100 Downloads jetzt also 100 Verkäufe durch die Lappen gegangen? Oder nur 20?

Ich merke, das wird ganz schön kompliziert, wenn man mal drüber nachdenkt ( hätte man auch vorher machen können ). Daher beschließe ich hiermit die einfachste Lösung: wir kippen auch im 21. Jahrhundert Öl über unseren Salat, in die Getriebe und Bratpfannen und die besorgten Musiker singen ab sofort nur noch ganz für sich alleine in der Badewanne.

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